Mit den neuesten Entwicklungen im Nahostkonflikt zwischen Israel und Palästina ist ein weiteres Schlachtfeld auf Social Media entflammt. Täglich erreichen uns gewollt und ungewollt unzählige Bilder, Videos, Infografiken und Inhalte aus der Krisenregion auf unseren Smartphones oder digitalen Devices. Nicht jede und jeder von uns kann gleich gut mit der Informationsflut und den gezeigten Inhalten umgehen. Sie können uns Angst machen und verunsichern, zudem ist es teilweise schwer einzuschätzen, was alte Videos aus anderen Kriegen, falsche Berichte oder Meinungen und was wirklich faktenbasierte Meldungen sind. Zudem ist es wichtig, zu beachten, dass komplexe Konflikte und Sachverhalte weder in bis zu 280 Zeichen noch in 3 Minuten langen Videos erklärt werden können.
Der Ukraine-/Russlandkrieg ist der erste Konflikt, bei dem man quasi live in HD über Soziale Medien auf dem Schlachtfeld dabei ist. Daher eignen sich soziale Medien sehr gut dazu, Emotionalität und Nähe zu vermitteln, was andere klassische Medienformen kaum schaffen. Viele TikTok- oder Reels-Beiträge werden stark verkürzt oder aus dem Kontext gerissen gepostet, sodass ihre ursprüngliche Botschaft oft verloren geht und stattdessen die Klicks und Emotionen im Fokus stehen. Auch diese Funktion nutzen Kriegsparteien sehr gezielt. Besonders TikTok-Nutzer:innen tun sich schwer, sich dem Sog der Videos zu entziehen – vor allem wenn sie in einen sogenannten Rabbit-Hole geraten. Der Weg wieder raus kann schwer und zeitintensiv sein. So hat man schnell Stunden damit verbracht, Videos über Krieg, Leid oder Propaganda zu konsumieren – ohne es bewusst zu wollen.
Wie kann man bewusster damit umgehen?
News Regulierung: Informiert bleiben und nicht desillusioniert
Im Vergleich zu den klassischen Medien, ist es schwer, die Informationsflut auf Social Media proaktiv zu regulieren. Während sich Nutzer:innen bei einem gezieltem Medienkonsum über die Tagesschau oder bei Newsportalen emotional darauf einstellen können, auch belastende Inhalte zu sehen zu bekommen, können unerwartete Kriegsbilder auf TikTok oder Instagram zwischen den üblichen Spass- und Lifestylebeiträgen für Verwirrung und Überforderung sorgen. Daher ist es umso wichtiger, wenn dich die Nachrichtenfülle überfordert oder runter zieht, dein Smartphone weg zu legen. Richte dir gezielte Informationszeiten und -quellen ein, sodass du nicht zu lange bei schlechten Schlagzeilen und Inhalten hängen bleibst. Besonders für Menschen, die bereits Kriege selbst miterlebt haben, können solche Kriegsinhalte retraumatisierend wirken. Sprich mit deinen Vertrauenspersonen oder Expert:innen über News und Inhalte, welche dich verunsichern, retraumatisieren oder nicht loslassen. Wenn du dich tiefgreifend über Kriege und Krisen informieren möchtest, sprich mit deinen Lehrpersonen oder lese Bücher dazu, schaue Dokumentationen oder höre dir Fach-Podcasts an, welche eine Redaktion haben und nach journalistischen Standards arbeiten . Informier dich bei Organisationen wie Human Rights Watch, Ärzte ohne Grenzen, Amnesty International oder Unicef über die Geschehnisse vor Ort.
Bleib kritisch: Journalismus vs. Meinung
Auf Social Media werden nicht nur Kriegsinhalte von Journalist:innen oder Fachexpert:innen sondern auch von Politiker:innen, Influencer:innen, diversen User:innen und Trolls geteilt und finden sich so zwischen Selfies, Sketches und Strandfotos wieder. Für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft ist der Qualitätsjournalismus eine Grundvoraussetzung. Versuche zwischen redaktionell aufbereiteten Inhalten und nicht-journalistischen Quellen sowie Meinungsbeiträgen zu unterscheiden und informier deine Community und dein Umfeld darüber. Tipps zum Umgang mit Fake News findest du hier: Artikel Fake News
Push-Pausen: Stumm-Modus on
Manchmal helfen bewusste Social Media Pausen und Einschränkungen. Setze die Push-Funktion aus oder schalte bewusst Inhalte oder User auf stumm, die dich beunruhigen oder stören. Auf Instagram kannst du zum Beispiel Profile/User stummgeschalten oder blockieren. Auf TikTok hast du die Möglichkeit, den eingeschränkt Modus zu aktivieren. Gemäss TikTok sollte dieser Modus die Anzeige von Inhalten, die nicht für alle geeignet sind, da sie beispielsweise Inhalte für Erwachsene oder komplexe Themen enthalten, beschränken. Zudem ist es immer hilfreich, verstörende Inhalte und Fake News auf allen Plattformen zu melden und die Absender zu blockieren.
Support: Sharing ist nicht immer caring
Du musst dich nicht zu jedem Thema, Konflikt oder Krieg auf Social Media äussern oder Statements teilen. Mach es nur, wenn du wirklich dahinter stehen kannst, etwas beizutragen hast und die Inhalte, welche du weiter teilst, geprüft hast. Sei dir zudem bewusst, dass jede Interaktion mit einem problematischen Inhalt diesen weiter pushen kann. Du kannst stattdessen auch auf anderen Wegen einen wichtigen Beitrag leisten, wie zum Beispiel an vertrauenswürdige Organisationen spenden, Petitionen unterschreiben oder Demonstrationen und Kundgebungen in deiner Nähe besuchen.
Stay Conscious: Bewusst posten und Fakten checken
Achte darauf, was du likest, sharest oder kommentierst, besonders als Influencer:in oder Content Cretaor. Mit dem, was du postest und teilst, beeinflusst du andere. Auch deine Kommentare und Diskussionsbeiträge haben eine Wirkung. Sei dir deinem Einfluss bewusst und setze ihn bewusst ein. Denn Glaubwürdigkeit ist dein grösstes Gut. Wenn du etwas veröffentlichst oder kommentierst, bleibe sachlich und geh mit deinen Quellen kritisch um. Solltest du dir nicht sicher sein, warte und frage jemanden, dessen Meinung du vertraust oder kontaktiere den/die Autor:in (Auszug aus dem Code of Conduct).
Zurzeit kursieren besonders auf Social Media viele Fake News. Die EU hat Meta und Tiktok diesbezüglich auch schon verwarnt und sie daran erinnert, dass es zu ihren Pflichten gehört, Hetze und Fake News zu verhindern und nicht zu fördern. Tipps, wie du bewusst mit Fake News umgehen kannst, findest du in unserem Artikel: Fake News – Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit.
Wenn du dich zu aktuellen Konflikten oder Kriegen äussern oder über Social Media solidarisieren willst, beziehe folgende Überlegungen mit ein:
Will und kann ich mich wirklich zu diesem Thema äussern? Kann ich mit negativen Reaktionen auf meinen Beitrag umgehen?
Habe ich meine Quellen oder Beiträge, welche ich weiter teile, geprüft?
Habe ich persönlich etwas zu diesem Thema beizusteuern? Oder kann ich besser in der Aufklärung rund um das Thema helfen? Was ist der Mehrwert meines Beitrags für meine Followers?
Was möchte ich mit meinem Beitrag bewirken? Geht es dir um die Menschen/das Thema oder um Klicks und Likes? Wenn es vor allem die Klicks und Likes sind, dann lass es lieber sein.
Kriege und Krisen sind keine Trends!
Wenn du Beiträge zu heiklen Themen oder Kriegen posten oder erstellen möchtest und du nicht Journalist:in, Fachexpert:in oder es nicht dein Hauptthemengebiet ist, achte auf folgende Empfehlungen:
1. Hinweise
Setze einen Hinweis (z.B: als Triggerwarnung oder Intro-Story) vor die Stories oder den Beitrag, sodass deine Community entscheiden kann, ob sie den Inhalt konsumieren möchte. Insbesondere wenn es sich um sensitiven Content handelt. Wenn du nicht faktenbasierte Beiträge teilst, sondern deine Meinung, dann deklariere dies auch klar für deine Community.
2. Full Focus
Wenn du dich dazu entschliesst, Solidarität oder Kriegsgeschehen in deinen Feed zu thematisieren, dann mach es konsequent und poste nicht danach grad eine Story-As-Usual oder einen Corporate Post.
3. Persönlich
Deine Community folgt DIR. Daher ist es immer schön zu wissen, was deine persönliche Motivation hinter den Beiträgen oder zu den Solidarisierungen ist. Sehr gute Beispiele dafür sind die Beiträge von Bella Hadid oder Pete Davidson:
4. Empathie und Respekt
Wir alle wollen Teil einer Gemeinschaft sein, in der niemand diskriminiert wird und in der wir rücksichtsvoll miteinander umgehen. Dies ist in Kriegen und Krisenzeiten besonders wichtig. Empathie heisst auch, alle Opfer gleich anzuerkennen und Gewalt gegen Zivilist:innen zu verurteilen – egal wer es verübt oder welcher Religion man angehört. Zeige Empathie und Respekt für alle beteiligten Seiten unabhängig ihrer Politik, Religion oder Regierung. Besonders im Israel und Palästina Konflikt ist es wichtig, die Opfer und Regierungen nicht zu vermischen: Das palästinensische Volk sind nicht die Hamas und Jüdinnen und Juden sind nicht die israelische Regierung! Du kannst als Influencer:in deine Mitmenschen dazu inspirieren, Empathie und Respekt zu zeigen. (Code of Conduct)
5. Kein Platz für Hass und Hetze
Hass, Hetze und Gewalt haben weder im echten Leben noch auf Social Media Platz. Aufrufe zu Hass und Hetze sind auch im Netz verboten. Falls du auf solche Inhalte und Aufrufe stösst, melde sie den Plattformen und blockiere sie. Achte darauf, welche Hashtags du verwendest und welche Slogans du aufnimmst.
Was kann ich als Elternteil oder Erziehungsperson tun?
Eltern und Erziehungspersonen sollten wissen, was auf den Social Media abgeht und was ihre Kinder konsumieren bzw. auf welchen Netzwerken sie sich bewegen und informieren. Deshalb ist es wichtig bei den jungen Menschen nachzufragen, wie sie damit umgehen und was es bei ihnen auslöst. Das Interesse an den Kindern und Fragen an sie können der Einstieg für weitere Gespräche und gemeinsame Überlegungen bezüglich des richtigen Umgangs mit Krieg, Fake News oder Ängsten sein.
Weitere Tipps vom Leibniz Institut für Medienforschung
Pro Juventute für Eltern
Bei Pro Juventute findet man weitere Tipps und Hilfestellungen, wie man mit Kindern über Krieg und Konflikte sprechen kann:
Begleit Modus bei TikTok* Mit dem begleiteten Modus bei TikTok können Eltern und Teenager ihre Sicherheitseinstellungen auf Grundlage ihrer individuellen Anforderungen anpassen. Ein Elternteil kann sein TikTok-Konto mit dem des Teenagers*der Teenagerin verbinden und bestimmte Einstellungen zur Kindersicherung festlegen, unter anderem
*Mehr Tipps zu Sicherheitseinstellungen bei TikTok findet man hier: https://support.tiktok.com/de/safety-hc/account-and-user-safety/user-safety
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